Im Markenrecht ist die Verwechslungsgefahr ein zentraler Aspekt, welcher sowohl bei Markenanmeldungen als auch bei Markenverletzungen eine zentrale Rolle spielt. Ein Markeninhaber kann eine Reihe markenrechtlicher Ansprüche (insbesondere Unterlassung und Schadensersatz) nicht nur gegen identische jüngere Kennzeichen geltend machen, sondern auch gegen ähnliche Marken, wenn für die angesprochenen Verkehrskreise die Gefahr von Verwechslungen besteht. Wenn also eine Marke und ein Zeichen in bildlicher, klanglicher oder begrifflicher Hinsicht ähnlich sind und dies zu einer Verwechslungsgefahr führt, kann dies eine Markenverletzung begründen (bei identischen Marken für identische Waren/Dienstleistungen und bekannten Marken gelten Besonderheiten, vgl. § 14 Absatz 2 MarkenG).
Wie wird Verwechselungsgefahr im Markenrecht festgestellt?
Es ist wichtig zu beachten, dass die Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine Wechselwirkung zwischen verschiedenen Faktoren impliziert. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Zeichen ausgeglichen werden und umgekehrt. Wenn das angesprochene Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen zwar nicht aus demselben Unternehmen stammen, jedenfalls aber aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, kann dies eine Verwechselungsgefahr begründen.
Kann es eine Verwechselungsgefahr bei Waren und deren Komponenten geben?
Auch zwischen einer Ware und deren Komponenten kann eine markenrechtliche Ähnlichkeit bestehen und damit eine markenrechtliche Verwechselungsgefahr entstehen. In den Prüfungsrichtlinien für Unionsmarken des EUIPO, Teil C, Widerspruch, Doppelte Identität und Verwechselungsgefahr, Vergleich von Waren und Dienstleistungen (Seite 43) wir hierzu folgendes ausgeführt:
Die Tatsache allein, dass eine bestimmte Ware aus mehreren Komponenten bestehen kann, begründet nicht automatisch eine Ähnlichkeit zwischen dem Fertigerzeugnis und seinen Komponenten (Urteil vom 27/10/2005, T-336/03, Mobilix, EU:T:2005:379, § 61).
Beispiele für Unähnlichkeit
- Ventilatorflügel (Klasse 7) und Haartrockner (Klasse 11)
- Elektrokabel (Klasse 9) und Lampe (Klasse 11)
- Knöpfe (Klasse 26) und Bekleidungsstücke (Klasse 25)
Eine Ähnlichkeit wird hier nur in Ausnahmefällen bejaht und erfordert, dass zumindest einige der Hauptfaktoren für die Feststellung von Ähnlichkeit wie Hersteller, Abnehmerkreise und/oder Komplementarität gegeben sind.
Eine solche Ausnahme beruht darauf, dass Einzelteile und Ausstattungen häufig von demselben Unternehmen hergestellt und/oder verkauft werden, das auch das Fertigerzeugnis herstellt und sich an dieselben Abnehmerkreise richtet, beispielsweise im Falle von Ersatzteilen. Je nach Art des betreffenden Produkts kann das Publikum erwarten, dass die Komponente vom „Original-Hersteller“ oder unter seiner Kontrolle hergestellt wurde, was für Warenähnlichkeit spricht.
Generell können in jedem Einzelfall verschiedene Faktoren zu beachten sein. So ist zum Beispiel der Umstand, dass die Komponente auch selbständig verkauft wird oder von herausragender Bedeutung für die Funktion der Maschine ist, ein Indiz für Ähnlichkeit.
Beispiele für Ähnlichkeit
- Elektrische Zahnbürste (Klasse 21) und Ersatzbürstenköpfe (Klasse 21)
- Drucker (Klasse 9) und Tonerpatronen (Klasse 2)
- Nähmaschinen (Klasse 7) und Fußantriebe für Nähmaschinen (Klasse 7)