Der BGH hat eine lange erwartete Entscheidung über die Haftung des Merchants für (Markenrechts-)verletzungen seiner Affiliates (Werbepartner) getroffen.
Der Sachverhalt
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin Inhaberin der Wortmarke „ROSE“ bzw. der Wort-/Bildmarke „ROSE“, eingetragen für die Waren Fahrräder und deren Einzelteile sowie Fahrradzubehör und Bekleidungsstücke. Die Klägerin bietet unter ihrer Firma Rose Versand GmbH ihr Sortiment auch im Internet unter dem Domainnamen www.roseversand.de an.
Die Beklagte (der Merchant) betreibt unter dem Domainnamen www.raddiscount.de ebenfalls einen Internetversandhandel für Fahrräder, Fahrradzubehör und Fahrradbekleidung.
Um die Zugriffe auf ihre Internetseite zu erhöhen, arbeitet die Beklagte im Rahmen eines von ihr so bezeichneten Partnerprogramms mit Werbepartnern (den Affiliates) zusammen. Bei den Werbepartnern handelt es sich um Betreiber anderer Internetseiten, die einen elektronischen Verweis (Link) zur Internetseite der Beklagten einrichten. Die Werbepartner erhalten von der Beklagten eine Provision, wenn ein Kunde über diesen Weg auf die Seite der Beklagten gelangt und einen Kaufvertrag abschließt.
Zu den Werbepartnern der Beklagten zählt auch die 0049-net GmbH, die unter mehreren Domainnamen Internetseiten betreibt. Dazu gehören auch die Domainnamen www.0049-index.de, www.superschnelle-raeder.de und www.tipps.de. In die rechtliche und finanzielle Abwicklung des Partnerprogramms der Beklagten ist die affilinet GmbH eingeschaltet, die vertragliche Beziehungen sowohl zu der Beklagten als auch zu den einzelnen Werbepartnern unterhält.
Im Herbst 2004 wurde bei Eingabe der Wörter „rose bike“ in die Internetsuchmaschine Google auf das Suchergebnis mit dem Domainnamen www.superschnelle-raeder.de an achter Stelle der über 1,5 Mio. Einträge umfassenden Trefferliste hingewiesen. Das Suchergebnis war mit „fahrrad rose bike wear“ überschrieben. Nach Anklicken erfolgte eine automatische Weiterleitung zur Internetseite mit dem Domainnamen www.tipps.de, auf der sich unter der Überschrift Raddiscount ein Link zur Internetseite der Beklagten befand.
Nach Abmahnung durch die Klägerin beseitigte die 0049-net GmbH den Link und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Die Klägerin nimmt nun auch die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Die 0049-net GmbH habe ihre Kennzeichenrechte verletzt. Die Beklagte hafte für die Rechtsverletzungen ihres Werbepartners als Störer und nach § 14 Abs. 7, § 15 Abs. 6 MarkenG.
Die Beklagte hat geltend gemacht, ihr sei die Werbung ihres Werbepartners unter www.superschnelle-raeder.de nicht zuzurechnen. Von der 0049-net GmbH sei nur der Internetauftritt unter dem Domainnamen www.0049-index.de als Werbeträger in ihrem Partnerprogramm angemeldet worden. Von anderen Internetseiten der 0049-net GmbH habe sie keine Kenntnis gehabt. Es sei ihr auch nicht möglich, alle ihre 6.000 Werbepartner vollständig zu kontrollieren. Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus § 14 Abs. 7 MarkenG, da die 0049-net GmbH nicht ihr Beauftragter sei.
Das Landgericht Köln hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten vor dem OLG Köln ist erfolglos geblieben. Hiergegen legte die Beklagte Revision zum BGH ein:
Das Urteil
Zunächst stellte der BGH eine markenmäßige Benutzung des Zeichens “ROSE” durch das von Google angezeigte Suchergebnis fest.
Für diese markenmäßige Benutzung der Marke der Klägerin durch die konkrete Zusammensetzung des Suchergebnisses hafte die Beklagte jedoch nur dann nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 5 und 7 MarkenG,
- wenn in der Verwendung dieses Begriffs in dem von der Suchmaschine angezeigten Text eine Verletzungshandlung der 0049-net GmbH gesehen werden könne und
- zusätzlich die 0049-net GmbH diese Verletzungshandlung i.S. von § 14 Abs. 7 MarkenG als Angestellte oder Beauftragte in dem Betrieb der Beklagten begangen habe.
Fraglich sei insoweit bereits, ob die 0049-net GmbH für den von der Suchmaschine angezeigten Text gerade in der konkreten Zusammensetzung des Suchergebnisses – und damit letztlich auch für die markenmäßige Benutzung – verantwortlich sei. Um diese Frage zu klären, seien Feststellungen notwendig, nach welchen Kriterien eine Suchmaschine wie Google arbeite. Eine Haftung des Betreibers einer Internetseite scheide nämlich aus, wenn er bestimmte Begriffe im Quelltext oder im Text seiner Seite nur in einem beschreibenden Zusammenhang verwende und diese erst durch das von ihm nicht beeinflussbare Auswahlverfahren einer Suchmaschine in der Trefferliste in einen Zusammenhang gestellt werden, dem der Verkehr eine markenmäßige Benutzung dieser Begriffe entnehme.
Sofern eine Verletzungshandlung des Affiliates festgestellt werden könne, hafte der Merchant grundsätzlich für Rechtsverletzungen seiner Affiliates. Diese grundsätzliche Haftung beschränke sich allerdings auf diejenigen geschäftlichen Handlungen des Affiliate, die dieser im Zusammenhang mit dem Geschäftsbereich vornehme, der dem Auftragsverhältnis zugrunde liege. Die 0049-net GmbH war jedoch nur mit dem Domainnamen „0049-index.de“ bei dem Partnerprogramm der Beklagten registriert und es wurde auch nur für Links über diese Seite Provisionen gezahlt. Die Beklagte habe dagegen nach den derzeitigen Feststellungen des Berufungsgerichts weder die Seite mit dem Domainnamen „superschnelle-raeder.de“ noch andere Webseiten der 0049-net GmbH und deren Inhalt gekannt.
Daher sei aufgrund der Feststellungen im Berufungsverfahren die 0049-net GmbH nicht als Angestellte oder Beauftragte der Beklagten in deren Betrieb i.S. von § 14 Abs. 7 MarkenG tätig geworden. Somit scheide nach den derzeitigen Feststellungen im Berufungsverfahren eine Haftung der Beklagten für eine eventuelle Markenrechtsverletzung durch die 0049-net GmbH aus:
“Das Berufungsgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die 0049-net GmbH im Rahmen des Partnerprogramms der Beklagten grundsätzlich als deren Beauftragte auf dem Gebiet der Werbung i.S. von § 14 Abs. 7 MarkenG anzusehen ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nach den bislang getroffenen Feststellungen jedoch nicht angenommen werden, dass die 0049-net GmbH auch insoweit als Beauftragte der Beklagten gehandelt hat, als sie unter den nicht zum Partnerprogramm der Beklagten angemeldeten Domainnamen „superschnelle-raeder.de“ und „tipps.de“ tätig geworden ist.”
Allerdings habe die Klägerin vorgetragen, dass es sich bei dem zum Partnerprogramm der Beklagten angemeldeten Domainnamen „0049-index.de“ um eine sogenannte „Haupt-URL“ handele, die sich im Internet nicht aufrufen lasse, sondern die lediglich im Hintergrund genutzt werde, um die Weiterschaltungen von den sonstigen vom Werbepartner genutzten Internetseiten abrechnen zu können. Die Beklagte habe auch gewusst, dass die 0049-net GmbH die Website mit dem Domainnamen „0049-index.de“ lediglich in dieser Weise zur administrativen Abwicklung benutzte und die Werbebanner tatsächlich auf Internetseiten zu finden seien, die unter anderen Domainnamen der 0049-net GmbH veröffentlicht würden. Daher hob der BGH das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten auf (§ 562 Abs. 1 ZPO) und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Fazit und Leitsätze des BGH
Auch wenn der Fall noch nicht endgültig entschieden wurde, hat der BGH doch wesentliche Dinge zur Haftung eines Merchants für (Marken-)rechtsverletzungen seiner Affiliates aufgestellt. Der BGH formuliert die wesentlichen Leitsätze des Urteils wie folgt:
Erscheint bei der Eingabe eines Suchbegriffs in der Trefferliste einer Suchmaschine ein Text, dem der Verkehr eine markenmäßige Benutzung des für einen Dritten als Marke geschützten Begriffs entnimmt, so genügt der Markeninhaber mit dem Vortrag dieses Geschehens im Regelfall seiner Darlegungslast für eine markenmäßige Benutzung seines Zeichens durch den Inhaber der unterhalb des Textes angegebenen, über einen elektronischen Verweis (Link) zu erreichenden Internetadresse. Macht dieser geltend, er benutze den betreffenden Begriff auf seiner Internetseite nur in einer beschreibenden Bedeutung, trägt er hinsichtlich der dafür maßgeblichen konkreten Umstände die sekundäre Darlegungslast.
Unterhält ein Unternehmen ein Werbepartnerprogramm, bei dem seine Werbepartner auf ihrer Website ständig einen Link auf die das Angebot dieses Unternehmens enthaltende Internetseite bereitstellen, so sind diese Werbepartner jedenfalls dann als Beauftragte des Unternehmens i.S. von § 14 Abs. 7 MarkenG anzusehen, wenn ihnen für jeden Besucher, der über diesen Link zu dem Unternehmen gelangt und mit diesem einen Geschäftsabschluss tätigt, eine Provision gezahlt wird und der betreffende Werbepartner erst nach einer Überprüfung durch den Unternehmer selbst, der den Werbepartnern eine Auswahl für die Gestaltung der Werbemittel vorgibt, in das Partnerprogramm aufgenommen wird. Die Haftung nach § 14 Abs. 7 MarkenG beschränkt sich dabei auf das Handeln des Beauftragten auf eine bestimmte zum Partnerprogramm angemeldete Website, wenn nur über diese Website getätigte Links abgerechnet werden und der Auftraggeber auch nicht damit rechnen muss, dass der Beauftragte noch anderweitig für ihn tätig wird.
Quelle: Urteil des BGH vom 07.10.2009, Az.: I ZR 109/06