Diese Waren oder Dienstleistungen müssen vom Anmelder so klar und eindeutig angegeben werden, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes erkennen können.
Die beiden wesentlichen Bestandteile der Eintragung einer Marke sind zum einen das Zeichen und zum anderen die Waren und Dienstleistungen, die dieses Zeichen bezeichnen soll. Zusammen genommen ermöglichen es diese Bestandteile, den genauen Gegenstand und den Umfang des Schutzes zu bestimmen, den die eingetragene Marke ihrem Inhaber gewährt.
Nachdem der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung schon die Voraussetzungen benannt hat, die ein Zeichen erfüllen muss, damit es eine Marke sein kann, befasst er sich in der vorliegenden Rechtssache mit den Anforderungen an die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird. Diese Frage ist zu einem Zeitpunkt, da sich die Praxis der nationalen Markenämter und des HABM (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt) auseinanderentwickelt, was zu unterschiedlichen, den mit der europäischen Markenrichtlinie verfolgten Zielen zuwiderlaufenden Voraussetzungen für die Eintragung führt, von besonderer Bedeutung.
Auf internationaler Ebene ist das Markenrecht durch die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums geregelt. Diese Verbandsübereinkunft diente als Grundlage für die Annahme des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken. Seit dem 1. Januar 2002 sieht die Nizzaer Klassifikation eine Klasseneinteilung in 34 Warenklassen und 11 Dienstleistungsklassen vor. Jede Klasse ist mit einem oder mehreren für gewöhnlich „Klassenüberschrift“ genannten Oberbegriffen bezeichnet, die allgemein die Bereiche angeben, zu denen die Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse grundsätzlich gehören. Die alphabetische Liste der Waren und Dienstleistungen umfasst etwa 12 000 Eintragungen.
Am 16. Oktober 2009 meldete das Chartered Institute of Patent Attorneys (CIPA) die Bezeichnung „IP TRANSLATOR“ als nationale Marke an. Zur Angabe der von dieser Anmeldung erfassten Dienstleistungen verwendete das CIPA die Oberbegriffe der Überschrift einer Klasse der Nizzaer Klassifikation, nämlich „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“.
Mit Entscheidung vom 12. Februar 2010 wies der Registrar of Trade Marks (Markenamt des Vereinigten Königreichs) diese Anmeldung gestützt auf nationale Vorschriften zur Umsetzung der Markenrichtlinie zurück. Der Registrar legte die Anmeldung nämlich im Einklang mit einer Mitteilung des HABM im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus. Er kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht nur die Dienstleistungen der vom CIPA genannten Art, sondern auch alle anderen Dienstleistungen dieser Klasse der Nizzaer Klassifikation einschließlich Übersetzungsdienstleistungen erfasse. Daher fehle es der Bezeichnung „IP TRANSLATOR” für die letztgenannten Dienstleistungen an Unterscheidungskraft, und sie sei beschreibend. Außerdem gebe es keinen Beweis dafür, dass das Wortzeichen „IP TRANSLATOR” vor dem Zeitpunkt der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft für Übersetzungsdienstleistungen erworben habe. Das CIPA habe auch nicht beantragt, solche Dienstleistungen von seiner Markenanmeldung auszunehmen.
Das CIPA legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein und trug vor, dass Übersetzungsdienstleistungen in seiner Anmeldung nicht erwähnt und daher von ihr nicht erfasst würden. Deshalb seien die Einwände des Registrar gegen die Eintragung unzutreffend, und die Anmeldung des CIPA sei zu Unrecht zurückgewiesen worden.
Der mit dem Rechtsstreit befasste High Court of Justice (Vereinigtes Königreich) befragt den Gerichtshof zu den Erfordernissen der Klarheit und der Eindeutigkeit für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, und über die Möglichkeit, zu diesem Zweck Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation zu verwenden.
Mit seinem Urteil von heute betont der Gerichtshof erstens, dass die Markenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes bestimmen können.
Denn zum einen müssen die zuständigen Behörden hinreichend klar und eindeutig die von einer Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen erkennen können, damit sie in der Lage sind, ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Vorprüfung der Markenanmeldungen sowie auf die Veröffentlichung und den Fortbestand eines zweckdienlichen und genauen Markenregisters nachzukommen. Zum anderen müssen die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein, klar und eindeutig in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst haben, und auf diese Weise einschlägige Informationen über die Rechte Dritter zu erlangen.
Zweitens entscheidet der Gerichtshof, dass die Richtlinie der Verwendung der Oberbegriffe, die in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation enthalten sind, zur Angabe der Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, nicht entgegensteht. Eine solche Angabe muss jedoch so klar und eindeutig sein, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer den beantragten Schutzumfang bestimmen können. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass einige der Oberbegriffe in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation für sich gesehen hinreichend klar und eindeutig sind, während andere zu allgemein formuliert sind und zu unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen abdecken, als dass sie mit der Herkunftsfunktion der Marke vereinbar wären. Daher ist es Sache der zuständigen Behörden, im Einzelfall nach Maßgabe der Waren oder Dienstleistungen, für die der Anmelder den Markenschutz beantragt, zu beurteilen, ob diese Angaben den Erfordernissen der Klarheit und der Eindeutigkeit genügen.
Schließlich stellt der Gerichtshof klar, dass der Anmelder einer nationalen Marke, der zur Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, alle Oberbegriffe der Überschrift einer bestimmten Klasse der Nizzaer Klassifikation verwendet, klarstellen muss, ob sich seine Anmeldung auf alle oder nur auf einige der in der alphabetischen Liste dieser Klasse aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezieht. Falls sie sich nur auf einige Waren oder Dienstleistungen beziehen soll, hat der Anmelder anzugeben, welche Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse beansprucht werden.
Deshalb ist es Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob das CIPA, als es alle Oberbegriffe der Überschrift einer Klasse der Nizzaer Klassifikation verwendet hat, in seiner Anmeldung klargestellt hat, ob mit ihr alle Dienstleistungen dieser Klasse erfasst und ob mit ihr insbesondere Übersetzungsdienstleistungen beansprucht werden.
HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
Urteil in der Rechtssache C-307110
Chartered Institute of Patent Attorneys 1 Registrar of Trade Marks
Quelle: PRESSEMITTEILUNG Nr. 81/12 des EuGH vom 19.06.2012