Die gewerbliche Verwendung einer solchen Marke würde die geschützte Angabe beeinträchtigen.
Nach der Verordnung zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen können der Name eines Landes, einer Region oder eines Orts, aus dem eine Spirituose stammt, als geografische Angabe eingetragen werden, wenn die Qualität, der Ruf oder andere Merkmale der Spirituose im Wesentlichen ihrem geografischen Ursprung zugeordnet werden können. Eine solche Eintragung erfolgt auf Antrag des Herkunftsstaats der Spirituose. Dem Antrag ist eine technische Unterlage beizufügen, in der die Spezifikationen angegeben sind, denen die Spirituose entsprechen muss, um mit der geschützten geografischen Angabe bezeichnet werden zu können.
Zudem verbietet die Verordnung die Eintragung von Marken, die eine geschützte geografische Angabe beeinträchtigen können, und bestimmt, dass eine derartige Marke, die bereits eingetragen ist, grundsätzlich gelöscht werden muss.
In der Verordnung wird der Begriff „Cognac“ als geografische Angabe angeführt, mit der Branntweine aus Frankreich bezeichnet werden.
Die Gust. Ranin Oy, eine finnische Gesellschaft, meldete in Finnland zwei Bildmarken für Spirituosen an, die die Gestalt eines Flaschenetiketts aufwiesen und Beschreibungen der Spirituosen enthielten, in denen die Bezeichnung „Cognac“ und deren finnische Übersetzung „konjakki“ enthalten waren. Die finnischen Behörden bewilligten die Eintragung, das Bureau national interprofessionnel du Cognac, eine französische Körperschaft, die die Erzeuger von Cognac vertritt, focht die Rechtmäßigkeit dieser Eintragung jedoch vor den finnischen Gerichten an.
Das Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) hat den Gerichtshof gefragt, ob die Verordnung die Eintragung nationaler Marken, die den Begriff „Cognac“ enthalten, für Erzeugnisse erlaubt, die die Anforderungen für eine Verwendung der geografischen Angabe „Cognac“ im Hinblick auf das Herstellungsverfahren und den Alkoholgehalt nicht erfüllen.
In seinem Urteil vom heutigen Tag stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die Verordnung auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, auch wenn die angefochtenen Marken am 31. Januar 2003 – d. h. vor dem Inkrafttreten der Verordnung – eingetragen wurden. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass die rückwirkende Anwendung der Verordnung weder den Grundsatz der Rechtssicherheit noch den des Vertrauensschutzes beeinträchtigt. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, zu verhindern, dass geografische Angaben, mit denen Spirituosen gekennzeichnet werden, für alkoholische Getränke verwendet werden, die ihren Ursprung nicht an dem mit der betreffenden geografischen Angabe bezeichneten Ort haben, besteht im Unionsrecht nämlich bereits seit dem 1. Januar 1996.
Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass den beiden am 31. Januar 2003 eingetragenen finnischen Marken die in der Verordnung vorgesehene Ausnahme, wonach eine vor dem Zeitpunkt des Schutzes der geografischen Angabe im Ursprungsland (oder vor dem 1. Januar 1996) erworbene Marke verwendet werden darf, selbst wenn diese Verwendung die betroffene geografische Angabe beeinträchtigt, nicht zugute kommen kann. Insoweit ist der Begriff „Cognac“ unabhängig vom Schutz, den er nach französischem Recht genießt, seit dem 15. Juni 1989 nach dem Unionsrecht als geografische Angabe geschützt.
Die Verwendung einer Marke, die den Begriff „Cognac“ enthält, für Erzeugnisse, die nicht unter diese Bezeichnung fallen, ist als direkte gewerbliche Verwendung der geschützten Angabe anzusehen. Eine solche Verwendung ist nach der Verordnung jedoch verboten, soweit sie vergleichbare Erzeugnisse betrifft. Dies kann nach Ansicht des Gerichtshofs bei Spirituosen der Fall sein.
Zudem hat der Umstand, dass die beiden finnischen Marken einen Teil der Bezeichnung „Cognac“ einschließen, nach Auffassung der Gerichtshofs zur Folge, dass der Verbraucher beim Lesen der Markennamen auf den Flaschen der Spirituosen, die nicht unter die geschützte Angabe fallen, veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die diese Angabe trägt. Eine derartige Anspielung ist nach der Verordnung ebenfalls verboten.
Daher müssen die finnischen Behörden die Eintragung der angefochtenen Marken löschen.
HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-4/10 und C-27/10
Bureau national interprofessionnel du Cognac / Gust. Ranin Oy
Quelle: Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 74/11 vom 14.7.11